Warum wir Frauen anders führen
»Wer Verletzlichkeit nicht versteht, kann Menschen nicht managen oder führen. Wenn du dich als Führungskraft nicht verletzlich zeigst, kannst du nicht erwarten, dass dir jemand folgt.« Brené Brown, Wissenschaftlerin
Inhalt
1. Bye-bye Kontrolle. Willkommen Empathie!
2. Mut zur Authentizität – was bedeutet das?
3. Mehr feminine Anteile sind gefragt
4. Vom Ich zum Wir – Wertschätzung und Achtsamkeit
5. Last but not least: Die Kraft der Intuition
6. Leadership der Zukunft – Schwäche zugeben als Stärke
Beobachtest du es auch in deinem Berufsalltag? Die Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein, verändern sich. Die Parameter für Glaubwürdigkeit und überzeugendes Handeln haben sich gewandelt. Das bringt Frauen immer mehr in Führung – den bekannten Hemmnissen zum Trotz. Ja, wir stoßen immer noch an gläserne Decken, sind in Führungsetagen unterrepräsentiert und werden durch die Gender Pay Gap benachteiligt. Auch weichen die tradierten, gesellschaftlich zementierten Machtstrukturen nur langsam auf. Dennoch ist deutlich zu spüren, dass etwas in Bewegung ist, schon einiges erreicht wurde – und vor allem noch vieles zu gewinnen ist. Was also passiert gerade?
Bye-bye Kontrolle. Willkommen Empathie!
Die moderne Arbeitswelt verändert sich rasant und damit auch die Rolle von Führungskräften und Unternehmer*innen. Internationale Teams, Innovationsdruck sowie ein hohes Maß an Agilität sind Faktoren, denen man anders als bisher begegnen muss. Wir erleben eine Abkehr vom tradierten Job-Darwinismus, von Autorität und Kontrolle. Diverse Teams zu motivieren und zu managen oder international unternehmerisch tätig zu sein, braucht andere Kompetenzen und vor allem viel Mut. Und genau hier kommen wir Frauen ins Spiel.
Weibliche Stärken wie Belastbarkeit, Multitasking sowie Resilienz tragen wesentlich dazu bei, mit der neuen Komplexität umzugehen. Hierarchien und Strukturen werden (glücklicherweise) durchlässiger, das alte Bild des allwissenden Über-Chefs in einer polar strukturierten Arbeitswelt hat ausgedient. Gefragt sind vielmehr die Fähigkeit, ungeklärte Situationen auszuhalten, ein starkes Wir-Gefühl in Teams entwickeln zu können und vor allem Beziehungen aufzubauen – Eigenschaften, die Frauen ganz selbstverständlich seit Jahrhunderten leben.
Mut zur Authentizität – was bedeutet das?
Die Veränderung beginnt mit dem Verständnis von Führung. Es macht einen Unterschied, ob Führung direktiv durchgesetzt wird oder als Aufgabe verstanden wird, individuelle Potenziale zu fördern. Das verändert den Fokus – weg von der Sache, hin zu den Menschen. Der autoritäre Führungsstil funktioniert in diversen und internationalen Teams einfach nicht und hemmt wettbewerbsentscheidende Merkmale wie Kreativität, Innovations- und Lernbereitschaft. Schließlich setzt all das voraus, Fehler machen zu dürfen!
Wenn man sich ansieht, was besonders resiliente Teams stark macht, fällt vor allem eines auf: Sie halten zusammen, sie betrachten Herausforderungen als gemeinsame Aufgabe, sie freuen sich am Erfolg des anderen und vertrauen darauf, sich auch irren zu dürfen. Wenn Führungskräfte einer solchen Kultur den Boden bereiten wollen, müssen sie sich menschlich zeigen. Sie selbst brauchen den Mut, eigene Schwächen anzunehmen und mit ihnen umzugehen. Wer authentisch führen will, muss vom hohen Ross der Allwissenheit und Überlegenheit herabsteigen und sich als Mensch mit Fehlern und Schwächen zu erkennen geben. Mut zur Augenhöhe und die Bereitschaft zur Debatte – diese Haltung fällt Frauen in der Regel leichter als Männern. Letztere schlüpfen dem tradierten Muster nach noch stärker in die »Heldenrolle«, also in eine überlegene Position.
Halten wir also fest: Der Schlüssel zu erfolgreicher Führung sowie zu einem überzeugenden Auftritt im Business ist Authentizität, welche vorgelebt und so erfahrbar wird. Authentisch führt, wer über Schwächen selbstverständlich sprechen kann, anstatt sie zu verleugnen. Wer Teammitgliedern diese Aufrichtigkeit entgegenbringt, ermöglicht es diesen, sich selbst zeigen. Gelebtes Selbstbewusstsein im Wortsinn führt zu dem Gefühl zusammenzugehören – also zu Teamspirit im besten Sinne. Wer sich angenommen, akzeptiert und wertgeschätzt fühlt, muss keine Energie darauf verschwenden, eine Rolle zu spielen oder sich hinter einer Maske zu verstecken. Das setzt Potenziale für die Inhalte frei.
Menschen in diesem Sinne zu befähigen und ein Team mit innerer Verbundenheit aufzubauen – darin liegt das große Potenzial weiblicher Führung.
Mehr feminine Anteile sind gefragt
Effektive Chefinnen haben zu ihrem Team also eine intensive Beziehung, geprägt von Vertrauen und Authentizität. Ein solcher Business-Stil – egal, ob als Teamlead oder auch als selbstständige Unternehmerin – bedeutet, dass man sich traut, mit Emotionen und mit vollem Herzen zu führen. Leadership wird in Zukunft nicht mehr so sehr bedeuten, alle wichtigen Entscheidungen zu treffen und immer stark zu sein, sondern vielmehr, Menschen zu befähigen. Feminine Anteile finden verstärkt Beachtung im Geschäftskontext. Ich formuliere es bewusst so, denn jeder Mensch hat weibliche und männliche Anteile – und die moderne Arbeitswelt mit ihrer Komplexität und Internationalität verändert Führung und Business-Stile hin zu den femininen Anteilen, die Männer und Frauen gleichermaßen in unterschiedlicher Ausprägung in sich tragen.
Vom Ich zum Wir – Wertschätzung und Achtsamkeit
Die Entwicklung geht vom Ich zum Wir. Für moderne Managerinnen und Unternehmerinnen bedeutet das zunächst, gut zuzuhören und ein achtsamer Coach zu sein. Aufrichtige Wertschätzung kann man nur vermitteln, wenn man sich mit den Mitarbeiter*innen beschäftigt. Das erfordert viel Selbstreflexion, Empathie und ein hohes Maß an Bewusstheit über das eigene Selbst. Nur, wer seine eigenen Mechanismen kennt und sich ausreichend mit seinen Mustern und Schwächen auseinandergesetzt hat, kann Teammitgliedern die nötige Unterstützung geben. Führung heißt, andere hinter einer Vision zu versammeln und sie zu inspirieren. Dazu muss man manchmal einen Schritt zurückgehen, aufmerksam sein für das Gegenüber. Emotionale Intelligenz und das Anerkennen, dass ein Leader heutzutage nicht mehr Experte in jedem Thema sein kann, führen dazu, die Gemeinschaft zu stärken. Wenn das gelingt, stehen die Chancen gut, dass sich ein resilientes Team entwickelt. Eines, das stark genug ist, mit den ständigen Veränderungen einer komplexen Arbeitswelt umzugehen.
Last but not least: Die Kraft der Intuition
Manchmal hilft es bei gewichtigen Entscheidungen auch, auf die Intuition zu hören. Dabei spreche ich nicht von einem diffusen Gefühl, das in die Irre leitet. Unsere Intuition verbindet uns vielmehr mit einem Know-how und mit kollektivem Wissen, auf das wir schneller als auf theoretisch Erlerntes zurückgreifen können. Unser Gehirn braucht eine gewisse Zeit, um alle Informationen und Fakten zu sammeln und zu analysieren, und auf dieser Basis zur Entscheidungsreife zu gelangen. Letztlich greift unser Gehirn auf eingeübte Standard-Methoden zurück. Diese müssen nicht falsch oder schlecht sein, die Intuition eröffnet uns aber häufig die kreativere Lösung. Viele weibliche Unternehmerinnen beispielsweise sind aus diesem klarem Gefühl heraus, in ihre Selbstständigkeit gestartet oder gehen komplexe Business-Situationen durch intuitives Erspüren an – mit der einfachen Frage: Was ist stimmig?
Leadership der Zukunft – Schwäche zugeben als Stärke
Im Business der Zukunft kommen mehr feminine Anteile zum Tragen. Während wir in der Vergangenheit dachten, es ginge vor allem um harte Fakten und Zahlen, braucht die Arbeitswelt im Wandel mehr Empathie und nachhaltige Beziehungen. Es sind häufig die weiblichen Führungskräfte, welche eine intensive Beziehung voller Vertrauen und Authentizität zu ihren Teams oder Kund*innen etablieren. Und das ist ein Erfolgskonzept. Aber Eigenschaften wie Empathie, Selbsterkenntnis und das Talent, nachhaltige Beziehungen zu knüpfen sind nicht rein weiblich, vielmehr sind sie einfach menschlich – und auch Männer sind Menschen. In diesem Sinne: viel Erfolg.
Wie siehst du das?
Bist du auch der Meinung, dass Führung »weiblicher« wird?
Hast du dir schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie du im Business auftreten möchtest?